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Lithium - Zerstören Batterien die Atacama-wüste?


Die Atacama-Wüste erstreckt sich entlang der Pazifikküste Südamerikas zwischen dem 18. und 27. Breitengrad und ist die trockenste Wüste der Erde außerhalb der Polargebiete. Lithium wird dort im "Salar de Atacama" abgebaut, welcher zur Kommune San Pedro de Atacama gehört. Der Salar liegt in der Senke eines 15.620 km2 großen abflusslosen Wassereinzugsgebiets. In der Umgebung des Salars gibt es Thermalquellen, Geysire sowie Vulkane. Wo die wenigen Wasserzuflüsse den Salar erreichen, befinden sich eine Reihe von Oasen, die schon seit prähistorischen Zeiten besiedelt wurden. Die Niederschlagsraten im Salar sind außerordentlich gering. Die jährlichen Raten für Regen variieren von weniger als 3 mm/a bis höchstens 50 mm/a.
Die Population in dieser Wüste rund um San Pedro de Atacama umfasst etwa 5600 Einwohner. Einige davon sind Bauern und betreiben dort auch eine karge Landwirtschaft, die meisten dort leben allerdings vom Tourismus.
Ein häufiges Argument, welches man im Zusammenhang mit der Elektromobilität immer wieder hört, sind die furchtbaren ökologischen Schäden, welche durch den enormen Wasserverbrauch bei der Lithiumförderung in der Atacama-Wüste entstehen. In der ZDF Dokumentation "Der wahre Preis der Elektroautos" wird von 21 Mio. Liter Wasser pro Tag für die Lithiumproduktion ausgegangen. Hierbei werden Zahlen von 2011 verwendet. Neuere Studien gehen nur etwa von der Hälte oder einem Viertel des Wasserverbrauchs aus. Der Wasserverbrauch wurde aus der Menge der über- und Unterirdischen Flüsse und den durchschnittlichen Regenfällen errechnet, die in dieser Region für den Ausgleich des Grundwasserspiegels sorgen. Die Bezeichnung Wasser oder Mineralisiertes Wasser in diesem Zusammenhang zu nennen, wie die ZDF Sendung es tut, ist allerdings fragwürdig. Denn es handelt sich hierbei um sogenannte Sole oder hochkonzentrierte Salzlake mit einem Salzgehalt von 5-28%. Zum Vergleich: Meerwasser hat einen Salzgehalt von etwa 3-4%. Dieses mineralisierte Salz ist somit nicht einmal als Brauchwasser verwendbar. Das Problem beginnt erst bei einer zu großen Entnahme der Sole: Der Grundwasserspiegel sinkt und dadurch versiegen die Süßwasserquellen und somit die kleinen Biotope um diese Quellen herum, die durch die unterirdischen Wasserzuflüsse aus den umliegenden Bergen versorgt werden. Diese Quellen sind für die Wasserversorgung der Bauern wichtig und machen Landwirtschaft in dieser Region überhaupt erst möglich. Ein Rückgang des Grundwassers am Atacamasee und anderen Salzseen der Region wurde allerdings schon seit den 1960er Jahren beobachtet, als es noch gar keine Elektroautos gab. Die damalige Ursache war der Kupferabbau, welcher enorme Mengen an Frischwasser benötigt. Ein weiterer großer Frischwasserverbraucher sind die in den letzten Jahrzehnten hinzugekommenen Hotels. Aus diesem Grund ist der Wasserverbrauch dort für alle streng reguliert um ein absinken des Grundwasserspiegels zu vermeiden. Wichtig ist es noch zu erwähnen, dass das Salzwasser bei der Lithiumförderung nicht "verbraucht" wird, sondern lediglich verdunstet und somit an anderer Stelle wieder als Regenwasser zur Verfügung steht. Im Gegensatz zur Ölförderung, wo Wasser, welches in großen Mengen in ein Bohrloch gepumpt, mit krebserregenden Substanzen verunreinigt wird. Seit Jahrzehnten wird im Salar de Atacama aus der Sole Kalium, Magnesium und Bor gefördert, ein wichtiger Wirtschaftlicher Zweig für Chile. Allerdings hat sich die Nachfrage nach Lithium in den letzten Jahren erhöht und damit rückte auch die Produktion mehr in den Focus.
Die Lithium Fördermenge (2019) teilen sich gerade wie folgt auf: Australien 53,5%, Chile 22,8%, China 17,3% und Argentinien 7,5%, Brasilien 2,3%, Simbabwe 1,4%, Portugal 1,0%.


Wie man sehen kann ist die Atacamawüste nicht die Einzige Lagerstätte für Lithium. So ist seit einigen Jahren durch die steigenden Lithiumpreise, Australien zum weltweit größtem Lithiumproduzenten aufgestiegen. Aber auch in Europa gibt es größere Lagerstätten. Eine davon wird in Österreich, in der Koralpe ab 2021 in Betrieb genommen. Weltweit gibt es mehrere Lagerstätten, die bei entsprechender Rentabilität erschlossen werden können. Auch in Deutschland gibt es große Lithiumvorkommen, die für mindestens 410 Millionen Elektroautos ausreichen würden.



Wasserverbrauch bei der Lithiumförderung - Lithium ist nicht alleine Schuld!


Wenn man sich die weltweite Lithiumproduktion von 2010-2018 ansieht, kann man gut die wachsende Nachfrage nach Lithium und ab 2015 auch den Beginn einer massentauglichen Elektromobilität erkennen. Man sieht aber auch, dass die allergrößte Steigerung der weltweiten Produktion in Australien stattgefunden hat. Dort wird Lithium im artesanalen Bergbau gewonnen und die Lithiumkonzentration dort ist höher als in den Salzseen. Wenn man sich nun die Grafik zu Chile ansieht, kann man ebenfalls gut erkennen, dass die Fördermengen dort gleich geblieben bzw. nur auf niedrigem Niveau gestiegen sind. Chile bzw. Südamerika hat also mit der Elektromobilität nicht so viel zu tun. Denn nur 32,6% des weltweiten Lithiums kamen 2020 aus Südamerika, bzw. aus Chile und Argentinien. Auch Bolivien hat große Lithium Reserven, dort hat der Lithiumabbau in industriellem Maßstab allerdings noch nicht begonnen und dort regnet es auch sehr viel im Abbaugebiet, so dass Wasserknappheit dort kein Thema ist.

Warum Chile die Lithiumförderung nicht so massiv ausgebaut hat wie Australien liegt daran, dass die aktuelle Regierung sich des Wasserproblems bewusst ist und deswegen keine neuen Projekte und Konzessionen in diesem Gebiet genehmigt. Denn in Chile vergibt der Staat sogenannte "Wasserrechte". Diese teilen sich im Abbaugebiet einige Firmen untereinander auf. BHP Billiton, Zaldivar, SQM und Albermarle. SQM und Albermarle haben Wasserrechte auf Sole und fördern diese weil sie Lithium produzieren. Ihre Frischsüßwasser und ihre Grundwasserrechte sind allerdings sehr gering. Im Gegensatz zu BHP Billiton und Zaldivar. Zaldivar hat einen sehr hohen Verbrauch an Frischsüßwasser sowie an Grundwasser und auch die größten Rechte hierauf. (Grafik 3)
Zalivar und Escondida (BHP) betreiben Kupferminen. Diese verbrauchen sehr große Mengen an Frischwasser. Und hier liegt das Problem. Denn nur SQM und Albermarle alleine würde kein Problem darstellen. Aber in Kombination mit den Kupferschürfenden Unternehmen verliert das Land sehr viel Grundwasser.
Wer Details zu den Förderraten haben möchte, oder sonstige Daten zu Grundwasserständen, Hydrochemie, etc., der kann HIER auf die Seite von SQM schauen. 


Allerdings ist die Hoffnung dort noch nicht verloren. Escondida (BHP) beispielsweise baut derzeit Meerwasserentsalzungsanlagen, um entsalztes Meerwasser statt Grundwasser zu verwenden. Eine Anlage, welche 525 Liter Wasser pro Sekunde fördert, wurde schon fertiggestellt, 2018 wurde eine weitere Anlage gebaut, welche 2500 Liter Wasser pro Sekunde entsalzen kann. Das Wasser wird über zwei Pipelines mit 42 Zoll Durchmesser auf etwa 3200 Meter über dem Meer zu den Minen gepumpt. BHP will bis 2030 ihre komplette Wasserversorgung über Meerwasser betreiben, um kein Frischwasser mehr aus der Erde pumpen zu müssen. Es ist also abzusehen, dass dieses Problem schon in einigen Jahren nicht mehr existent sein wird. Und wenn man sich die Frage nach den Konsequenzen des Lithiumabbaus stellt, sollte man auch eines bedenken: Wir können es uns nicht leisten, auf die wesentlich Klimafreundlichere Elektromobilität zu verzichten, wenn wir unsere Klimaziele erreichen und 2/3 unseres Planeten nicht in eine unbewohnbare Wüste verwandeln wollen.


Wofür wird Lithium verwendet?


Derzeit werden ca. 37,5% für wiederaufladbare Batterien verwendet. Davon ca. 1/3 tragbar (Smartphone, Tablet, Laptop, Akkuschrauber etc.) und 2/3 mobil (PKW, Ebikes etc.) Die Herstellung von Glas, Glaskeramik und Keramik steht laut DERA mit einer Lithium-Nachfrage von zusammen 30,5 Prozent an weltweit zweiter Stelle. Aber auch die Schmierstoffindustrie setzt Lithium mit einem Anteil von 7,9 Prozent ein, insbesondere für Additive." Das ist sehr interessant. Man könnte sich hier fragen, warum die Glas- und Keramikindustrie deswegen nicht an den Pranger gestellt wird.


Gibt es denn überhaupt genügend Lithium für alle Autos dieser Welt?


Dazu eine Berechnung: Wenn alle PKW weltweit elektrisch fahren würden, müsste man 1,4 Milliarden Fahrzeuge austauschen. Wenn man nun all diese Fahrzeuge mit einem 55 kwh Akku ausstatten wollte, bräuchten wir 77 Milliarden Kwh. Nehmen wir weiter an, pro kwh werden 0,160 kg Lithium verwendet, kommen wir auf eine Gesamtmenge von 12,32 Millionen Tonnen Lithium. Die Gesamtvorkommen weltweit betragen 63 Millionen Tonnen. Das wären dann 20% der Lithiumvorkommen, welche für Elektroautos benötigt würden. Wobei hier der Stand der Technik heute und auch das Recycling nicht mit eingerechnet wurde. Dieses ist schon zu 97% möglich. Die Menge ist also nicht das Problem, sondern die Umweltaspekte, welche allerdings allesamt lösbar sind.  Der Artikel als Video HIER


Update:

Demnächst entsteht in Brandenburg Europas größte Lithium Fabrik, in der kanadisches Lithium verarbeitet wird. HIER

BMW wird für seine Akkuproduktion demnächst (neben Australischem Lithium welches im Bergbau gewonnen wird) sein Lithium aus Argentinien beziehen. Dort wird es von der US-Firma Livent durch eine neue, umweltschonende Methode gefördert. HIER oder HIER. Auch Tesla hat einen Vertrag mit Livent. HIER

Auch in Deutschland wird demnächst umweltfreundlich Lithium gefördert. HIER und HIER

Renault wird demnächst jährlich 17 Tonnen Lithium aus Deutschland beziehen. HIER In Deutschland gibt es Reserven für 400 Mio. Elektroautos. Dieses Lithium kann umweltfreundlich abgebaut werden. HIER

Auch im Erzgebirge wird ab 2025 Lithium im Bergbau gewonnen. HIER

Ab 2023 wird es allerdings auch Akkus ohne Lithium für Elektroautos geben. Der Natriom-Ionen Akkus ist nämlich schon marktreif. HIER

Für stationäre Speicher ist auch der umweltfreundliche Salzwasserspeicher interessant. Diese werden heute schon gerne als Hausspeicher für Photovoltaik-Anlagen verwendet. HIER

















Quellen:


https://www.elektroauto-news.net/2021/lithium-chile-besserer-oekologischer-fussabdruck

https://www.sqmsenlinea.com/env-systems?type=followup
https://im-mining.com/2018/04/07/bhp-opens-escondida-water-supply-largest-desalination-plant-latin-america/
https://www.reuters.com/article/us-chile-lithium-analysis/chile-once-the-worlds-lithium-leader-loses-ground-to-rivals-idUSKCN1T00DM
https://www.reuters.com/article/us-chile-lithium-water-exclusive/exclusive-chile-says-to-clamp-down-on-water-rights-in-lithium-rich-salar-de-atacama-idUSKCN1L827G
https://eandt.theiet.org/content/articles/2019/08/lithium-firms-are-depleting-vital-water-supplies-in-chile-according-to-et-analysis/
https://www.forbes.com/sites/marekkubik/2019/09/24/this-breakthrough-lithium-extraction-technology-could-accelerate-the-sustainable-energy-transition/#14dec1a275fc
https://www.google.com/travel/hotels/Salar%20De%20Atacama/entity/CgsIhbuH6vie97i5ARAB?
https://edison.media/erklaeren/lithium-aus-lateinamerika-umweltfreundlicher-als-gedacht/24022826.html
https://www.suedamerikareisen.com/beste-reisezeit-salar-de-uyuni-bolivien
https://ledwerkstatt.ch/2019/06/lithiumabbau/
https://www.youtube.com/watch?v=Qm15qlkLHiU
https://www.schott.com/innovation/de/lithium-hype-herausforderung-fuer-die-glasindustrie/

https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads/Informationen_Nachhaltigkeit/lithium.pdf
https://www.ga.gov.au/scientific-topics/minerals/mineral-resources-and-advice/australian-resource-reviews/lithium
http://www.deutschelithium.de/projekte/zinnwald-lithium-projekt/
https://www.diepresse.com/5600470/lithiumabbau-auf-der-koralpe-ab-ende-2021
https://www.duesenfeld.com/recycling.html
https://blog.energybrainpool.com/gibt-es-genug-lithium-um-den-bedarf-fuer-batterien-zu-decken/
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/159921/umfrage/verwendungszwecke-von-lithium-auf-dem-weltmarkt/
https://www.youtube.com/watch?v=Mm6n9FUm5f8&t=128s

https://m.faz.net/aktuell/wirtschaft/auto-verkehr/bmw-findet-zweiten-lithium-lieferanten-fuer-batterieherstellung-17270126.amp.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Salar_de_Atacama

https://www.enbw.com/unternehmen/presse/artikel/lithium-umweltfreundlich-gewinnen.html

https://www.elektroauto-news.net/2021/renault-will-17000-tonnen-lithium-pro-jahr-aus-deutschland-beziehen

https://efahrer.chip.de/news/fuer-400-millionen-e-autos-europas-groesste-lithiumquelle-liegt-unterm-rhein_104562